So verspielt man eine ganze Saison innert vier Wochen
Dortmunds Vorsprung auf die Bayern ist weg, Roman Bürki schimpft, und dennoch sprechen sie beim BVB plötzlich vom Titel.
Eigentlich war es als Witz gedacht. Als lockerer Spruch, wie es bei den Livetickern von «11 Freunde» immer wieder vorkommt. Als Dortmund bei Tottenham im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League in der zweiten Halbzeit 0:1 zurücklag, schrieben die Kollegen vom Fussballmagazin: «Vom Wembley-Stadion bis zur Themse sind es übrigens sechs Meilen. Nur falls Dortmunds Saison später noch den Bach runtergehen will.» Nun, sie scheint.
Es sind vier Wochen. Vier schwarze Wochen, die gleich eine ganze Saison den Bach runtergehen zu lassen drohen, um im Bild zu bleiben. In diesen 28 Tagen verspielte der BVB mit dem 0:3 in London wohl die Chancen auf ein Weiterkommen in der Königsklasse, flog trotz zweimaliger Führung gegen Werder Bremen aus dem Cup und, noch viel schlimmer, verspielte den Sieben-Punkte-Vorsprung auf Bayern München. Nach 24 Spieltagen weisen die beiden Teams 54 Punkte auf – die Direktbegegnung findet Anfang April in München statt. Und die Bayern sind in Fahrt: Sie gewannen elf der letzten zwölf Ligaspiele.
Beim BVB herrscht dagegen tiefe Depression. Seit Februar resultierte für Favres Team gerade mal ein Sieg. Gegen Hoffenheim schaffte es Schwarz-Gelb sogar, innert 15 Minuten einen 3:0-Vorsprung zu verspielen. Jetzt also der neue Tiefpunkt: 1:2 in Augsburg. Zwei Anfängerfehler in der Abwehr führten zu den Gegentreffern, sodass Goalie Roman Bürki nach Spielschluss ungehalten sagte: «Ich muss mich auf dem Spielfeld zusammenreissen, dass ich niemandem den Kopf abreisse.» Direkt auf den Mann spielte BVB-Berater Matthias Sammer: «Wissen alle Spieler, was auf sie zukommt? Hakimi wusste es nicht, Sancho nicht, Zagadou nicht.» Ersterer und Letzterer waren es auch, die für die Augsburger Tore aus Dortmunder Sicht verantwortlich waren.
Plötzlich fällt das M-Wort
Enttäuscht war selbstverständlich auch Sportdirektor Michael Zorc. Im Frust sprach er erstmals das M-Wort aus, das die Dortmunder bisher pingelig vermeiden wollten: «Wenn man Meister werden will, was in unserem Fall ja kein Muss ist und eine riesige Sensation wäre, dürfen wir Spiele wie in Augsburg nicht auf diese Art und Weise verlieren.» Zorc hat in den vergangenen Wochen das Gefühl gehabt, «dass die letzten zwei, drei Prozent in puncto Fokussierung fehlten». Zu den gestiegenen Ansprüchen sagte er: «Wenn ich am 24. Spieltag Erster bin, dann kann ich ja nicht zufrieden sein, wenn ich Vierter werde.»
Nun scheinen alle Vorteile wieder beim Favoriten aus München zu liegen. Das sieht auch Sammer so: «Das ist einfach die Klasse und Erfahrung, die aus diesem Verein strömt und über die Spieler dann ins Spiel getragen wird. In diesem Prozess befindet sich Borussia Dortmund, das ist kein Understatement, sondern Realität.» Oder in anderen Worten: Die BVB-Saison scheint wirklich den Bach runterzugehen.
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