Politik in WinterthurWie die Stadt beim Klimaschutz unterwegs ist
Bei den Klimazielen für 2020 ist die Stadt auf Kurs. Will sie netto null bis 2040 oder 2050 erreichen, muss der CO₂-Ausstoss deutlich schneller sinken als in den letzten vier Jahren, wie ein Bericht zeigt.

Ist die Stadt bei der Energie- und Klimapolitik auf Kurs? Gemessen an den alten, aber nach wie vor geltenden Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft: absolut. Die CO₂-Emissionen lagen 2020 bei 4,3 Tonnen pro Kopf und damit 1,5 Tonnen tiefer als anvisiert. Beim Energieverbrauch sieht die Bilanz auch stolz aus: 2900 Watt pro Person statt 4800. Allerdings hat diese Bilanz zwei markante Schönheitsfehler, wie die Stadt in ihrem gestern veröffentlichten Zwischenbericht selber einräumt.
Zum einen, weil die Stadt einst von deutlich zu hohen Verbrauchswerten ausgegangen ist. Inzwischen stehen ihr mehr und präzisere Daten zur Verfügung. Zudem wurde die Methodik angepasst. Beides hat das aktuelle Ergebnis deutlich verbessert. Zweitens ist das Absenktempo beim CO₂-Ausstoss zu tief, will man netto null rechtzeitig erreichen; egal ob 2050 oder schon 2040, wie es der Stadtrat anpeilt. Am 28. November stimmt das Volk darüber ab. Bei netto null bis 2040 müsste man schon 2033 auf 1 Tonne sogenannter CO₂-Äquivalente pro Kopf sein, im Schnitt also alle vier Jahre 1,1 Tonnen runter. 2017 bis 2020 waren es aber erst 0,6 Tonnen, etwa halb so viel. Auch für netto null bis 2050 würde dies nicht annähernd reichen (siehe Grafik). Mit einem neuen Energiekonzept und Massnahmenplan hat der Stadtrat inzwischen nachgeschärft.

Richtige Hebel?
Umweltstadträtin Katrin Cometta ist dennoch froh, dass der Zwischenbericht nun vorliegt. «So sehen wir, wo wir stehen.» Grundsätzlich habe man bei den richtigen Hebeln angesetzt: beim Ersatz fossiler Heizungen und beim Strommix. Beim Verkehr müsse man weiter nachbessern, die öffentlichen Verkehrsmittel stärken, Velo-und Fussverkehr fördern und die E-Mobilität unterstützen.
Was hat die Stadt seit 2016 gemacht, um stadtweit die CO₂-Emissionen zu drücken? Zum Beispiel bei der Fernwärme: Jedes Jahr wurden rund 35 neue Häuser ans Netz angeschlossen. Reines fossiles Erdgas sowie «grauen» Atomstrom kippte Stadtwerk aus dem Grundangebot. Und mit dem neuen Energieplan, der derzeit erarbeitet wird, werden weitere Gasanschlüsse abgestellt. Aber auch mit einer ersten Beratung, wenn eine Heizung ersetzt wird, will Stadtwerk steuern.
Das neue Gesamtverkehrskonzept soll den Stadtverkehr in neue Bahnen bringen. Zudem soll es bei der Fotovoltaik vorwärtsgehen. Unabhängig vom Eigenverbrauch sollen bald ganze Dächer mit Solarpanels bedeckt werden können.
Städtevergleich schwierig
Wie Winterthur im Städtevergleich dasteht, ist schwer abzuschätzen. Eine Anfrage bei den sieben grössten Städten nach Kennzahlen zu CO₂-Ausstoss und Watt-Verbrauch pro Kopf und Jahr zeigte: Die Städte messen ihre Klimabilanz nicht einheitlich und erheben nicht überall die gleichen Daten. Die Ansätze gehen auseinander, was einen Vergleich schwierig macht. «Es gibt keine aggregierten Daten dazu», sagt Thomas Blindenbacher von der Fachstelle 2000-Watt-Gesellschaft. Er arbeite derzeit für das Bundesamt für Energie an einem Städtevergleich, in dem er die verschiedenen Ansätze und Klimamassnahmen zusammentrage und die einzelnen Städte verorte.

Hinweise darauf, wie effektiv ihre Klimapolitik in den letzten Jahren war, gibt die Blitzumfrage dennoch (siehe Tabelle). Während die Stadt Bern den CO₂-Ausstoss um 16 Prozent drücken konnte, auf 4,4 Tonnen pro Kopf, waren es in Basel lediglich sechs Prozent. Dies allerdings auf gutem Niveau. Nur Lausanne schneidet mit 3,3 Tonnen noch besser ab. Winterthur scheint mit 4,3 Tonnen CO₂-Äquivalenten (–11 Prozent) im Mittelfeld zu liegen, knapp hinter Zürich.
«Es motiviert, wenn man schwarz auf weiss sieht, wo man steht und was man erreichen kann.»
Die Stadt werde auf jeden Fall an regelmässigen Klima- und Energie-Monitorings festhalten, sagt Stadträtin Katrin Cometta. «Es motiviert, wenn man schwarz auf weiss sieht, wo man steht und was man erreichen kann.» So bleibe man dran. Bis netto null – da scheinen sich auch die Befürworter einig zu sein – ist es noch ein weiter Weg.
«Dialogplatz» – der Podcast des Landboten
Den Podcast können Sie kostenlos hören und abonnieren auf Spotify, Apple Podcasts oder Google Podcasts. Falls Sie eine andere Podcast-App nutzen, suchen Sie einfach nach «Landbote Dialogplatz».
Fehler gefunden?Jetzt melden.