Nato-ErweiterungStoltenberg zeigt Verständnis für die Sorgen Ankaras
Finnland und Schweden wollen in die Nato, doch die Türkei hat Einwände. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg arbeitet an einer Lösung. Stockholm bewegt sich und will Anti-Terror-Gesetzgebung ändern.

Je näher der nächste Nato-Gipfel rückt, umso mehr ist Jens Stoltenberg unterwegs. Ende Juni treffen sich die Staats- und Regierungschefs in Madrid, und der Generalsekretär muss die Nöte der 30 Mitglieder kennen, damit sich alle einigen können. Wegen einer Erkrankung hatte er zuletzt Besuche in Berlin und Bukarest abgesagt, doch am Sonntag reiste Stoltenberg nach Finnland und Schweden. Denn die Türkei blockiert weiter den Beginn der Beitrittsgespräche mit beiden Ländern.
In Helsinki sprach Stoltenberg von «berechtigten Bedenken» Ankaras: Hier gehe es um Terrorismus und Waffenexporte. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Schweden und Finnland als «Gasthäuser für Terroristen» bezeichnet. Laut Stoltenberg hat kein Nato-Mitglied mehr Terrorangriffe erlitten und mehr Flüchtlinge aufgenommen als die Türkei. Wenn ein Verbündeter Sorgen äussert, «dann müssen wir uns natürlich hinsetzen und das ernst nehmen», sagte er.
Schweden will Gesetze ändern
Präsident Sauli Niinistö betonte, man müsse stets ernst nehmen, was das Gegenüber vorbringe. Daher führe man intensive Gespräche mit der Türkei. Auch wenn deren Vorbehalte gegenüber Schweden stärker scheinen als bei Finnland, schliesst Niinistö einen Alleingang aus: «Ich sage, dass Schwedens Sache auch unsere ist.» Am Montag sagte Stoltenberg an der Seite von Ministerpräsidentin Magdalena Andersson, Schweden werde seine Gesetze zur Terrorbekämpfung ändern und sei bereit, seine Regeln für Waffenexporte an den Status als Nato-Mitglied anzupassen. Stoltenberg, dessen Mitarbeiter engen Kontakt zu allen drei Seiten halten, liess keine Zweifel, dass eine Lösung des Streits möglich ist.
Der Vorbereitung des Nato-Gipfels dient auch das Treffen der Verteidigungsminister am Mittwoch und Donnerstag. In Madrid soll das «strategische Konzept» bis 2030 verabschiedet werden. Neben dem Umgang mit China geht es um die Sicherheitslage in Europa, die sich durch Russlands Angriff auf die Ukraine radikal verändert hat. Dass es zur Stärkung der Ostflanke kommt und es aktualisierte Pläne braucht, um Osteuropa vor russischer Aggression zu verteidigen, ist unstrittig.
«Robuste und kampfbereite Brigade»
2016 hatte die Allianz als Reaktion auf Russlands Annexion der Krim in Polen sowie den baltischen Staaten multinationale Kampfverbände stationiert. Deutschland führt die «EFP-Battlegroup» in Litauen und dort hat der deutsche Kanzler Olaf Scholz gerade einen konkreten Vorschlag gemacht, an dem sich die anderen Führungsnationen Kanada und Grossbritannien orientieren könnten. So soll zusätzlich zur EFP-Battlegroup, an der sich 900 Bundeswehrsoldaten beteiligen, eine «robuste und kampfbereite Brigade» bereitgestellt werden. Während in Litauen ein Führungsstab der Bundeswehr eingerichtet wird, sollen die meisten Soldaten in Deutschland stationiert bleiben und im Ernstfall schnell verlegt werden. Die Soldaten würden jedoch regelmässig für Übungen anreisen, um das Gelände kennen zu lernen und mit den Litauern zu trainieren.
Beim Arbeitsessen am Mittwochabend werden die Verteidigungsminister Finnlands und Schwedens dabei sein, doch Stoltenberg dürfte dafür sorgen, dass die türkischen Vorbehalte nicht in grosser Runde thematisiert werden. Vielmehr soll in bilateralen Gesprächen ein Kompromiss vorbereitet werden: Den Gipfel in Madrid sollen nicht Blockaden prägen.
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