Analyse zu StudiengebührenStrafgebühren für erfolglose Akademiker? Keine gute Idee!
Wer trotz Studium später einen tiefen Lohn hat, soll für seine Ausbildung nachzahlen müssen, lautet ein neuer Vorschlag. Das ist wenig durchdacht – und ethisch fragwürdig.

Ist Studieren zu günstig in der Schweiz? Die Debatte flammt regelmässig auf – und wird jetzt neu befeuert durch eine «revolutionäre Idee», wie es die NZZ nennt. Die Zeitung machte einen Vorschlag der Bildungsökonomen Stefan C. Wolter und Conny Wunsch für «nachgelagerte Studiengebühren» publik: Wer trotz tertiärer Ausbildung ein tiefes Einkommen erzielt, soll im Nachhinein für die effektiven Kosten seines Studiums aufkommen müssen.
Ein Unistudium werde querfinanziert durch Menschen, die bloss eine Lehre machten, argumentieren Wolter und Wunsch. Diese «Umverteilung» lasse sich nur rechtfertigen, wenn Akademiker später Steuern auf ihre hohen Einkommen zahlten. Viele tertiär Gebildete würden heute aber zu wenig arbeiten – womit sie den «Gesellschaftsvertrag» brächen. Den Betreffenden seien daher die Studienkosten in Rechnung zu stellen. Wenn mehr Vollzeit gearbeitet werde, gelange zudem die Wirtschaft an die benötigten Fachkräfte, so lautet ein weiteres Argument.
Merkwürdig quer im gesellschaftspolitischen Gefüge steht zudem die Verteufelung der Teilzeitarbeit.
Erste Politiker springen auf die Idee bereits an. Der Luzerner Gewerbeverbandsdirektor Gaudenz Zemp hat sie via Vorstoss im Kantonsrat bei der Regierung eingespeist. Wie stark sich Hochschulabsolventen an ihren Ausbildungskosten beteiligen sollen, diese Diskussion ist legitim. Und Überlegungen, wie der Fachkräftemangel bekämpft werden kann, sind ohnehin zu begrüssen. Doch ob Strafzahlungen für Erfolglose wirklich das Mittel der Wahl sind, darf aus verschiedenen Gründen bezweifelt werden.
Ja, wir haben Probleme im Bildungsbereich. Doch wir lösen sie nicht, indem wir den Involvierten Faulheit und Versagen unterstellen.
Fabian Renz leitet das seit 2018 bestehende Bundeshausteam der Redaktion Tamedia. Der studierte Historiker arbeitet seit 1999 als Journalist. Ab 2006 berichtete er für «Südostschweiz» und «Aargauer Zeitung» aus dem Bundeshaus; 2010 wechselte er zum Bundeshausteam von «Tages-Anzeiger» und «Bund».
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