Geldberater: Der Marktschrei(b)erStraumann befindet sich auf Rekordjagd
BKW profitiert von hohen Strompreisen | Kaufgelegenheit bei Autoneum | Dufry erholt sich weiter | Swisscom kämpft wieder mit den Gerichten

Straumann: Kaufen
Straumann schlägt dieses Jahr sämtliche Rekorde. In den ersten neun Monaten ist der Umsatz um die Hälfte gewachsen, auf ein Niveau deutlich höher als 2019 zum selben Zeitpunkt. Für das ganze Jahr hat das Dentalunternehmen zum dritten Mal den Ausblick erhöht, sowohl für den Umsatz wie die operative Profitabilität. Die Prognose von 38 bis 39 Prozent mehr Umsatz bis Ende Dezember könnte sogar erneut übertroffen werden. Das Management von Straumann übt sich in den Vorhersagen jeweils in Zurückhaltung. Ich bin mal gespannt, wie im Februar die Prognose für 2022 ausfällt. Alles andere als eine prozentual zweistellige Rate für das Wachstum – notabene aus eigener Kraft – wäre enttäuschend. Sowieso: Will Straumann das Ziel von 5 Milliarden Franken Umsatz in etwa sieben Jahren erreichen, ist ein solches Tempo ein Muss. Ich bin zuversichtlich, weil das Unternehmen auch während der Corona-Pandemie stets in den Ausbau der digitalen Zahnmedizin und in neuartige Absatzkanäle investiert hat. Kaufen
BKW: Kaufen
Für das Energie- und Infrastrukturunternehmen BKW sind die aktuell hohen Strompreise das i-Tüpfelchen, die das Gesamtbild perfekt machen. Denn von den aktuell hohen Preisen wird der Konzern in den kommenden Jahren enorm profitieren. Was die Berner diese Woche am Investorentag präsentiert haben, war eine klare Ansage: Bis 2026 soll der Umsatz um 50 Prozent zulegen, der Betriebsgewinn gar um 60 Prozent. Von zuletzt 436 Millionen Franken auf über 700 Millionen Franken. Die hohen Strompreise allein werden 150 Millionen Franken zusätzlichen Betriebsgewinn bringen, sagte Finanzchef Ronald Trächsel am Freitag vor Investoren. Bis 2026 will der Konzern insgesamt 3 Milliarden Franken generieren. «Wohin mit dem ganzen Geld?» 400 Millionen will BKW in erneuerbare Energien investieren. Bis anhin war das vor allem Wind, neu entwickeln die Berner auch Solarprojekte. Das gefällt den Investoren, und BKW wird es so hinkriegen, dass es sich auch rentiert. Darum sage ich: Kaufen
Autoneum: Kaufen
Der Autozulieferer Autoneum ist nicht zu beneiden: Erst die selbst verursachte Misere in Nordamerika, dann Corona und jetzt die Produktionskrise der Autoindustrie wegen fehlender Halbleiterchips. Ihretwegen werden viel weniger Autos gebaut und verkauft, als es die Nachfrage erlaubte. Vor allem in jüngerer Zeit sind die globalen Produktionszahlen stark gesunken. Zulieferer trifft das hart. Manch ein zum Halbjahr bestätigter Jahresausblick könne so nicht eingehalten werden, schrieb die «Finanz und Wirtschaft» schon Anfang Oktober. Autoneum hat nun kapituliert und eine happige Gewinnwarnung ausgesprochen. Der Aktienkurs ist daraufhin getaucht. Nach wie vor glaube ich aber, aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Der Lieferstau soll sich nächstes Jahr aufzulösen beginnen, sodass in den Folgejahren dank des Nachholbedarfs mit stattlichen Stückzahlen zu rechnen ist – selbst wenn die Konjunktur an Schwung verliert. Für Autoneum bleibe ich daher zuversichtlich, bin damit freilich bald allein. Trotzdem: Wer Mut, Geduld und Risikofähigkeit mitbringt, kann die Gelegenheit nutzen: Kaufen
Dufry: Halten
Dufry ist ein schwieriger Fall. Die Aktien notieren rund 40 Prozent unter dem Vorkrisenniveau und liegen auch seit Jahresanfang tiefer. Führt man sich aber die teils sehr optimistischen Prognosen für die Erholung des Flugverkehrs vor Augen, wirken sie plötzlich reizvoll. Zu Recht? Tatsächlich erholt sich der Reisedetailhändler stetig. Im dritten Quartal stieg der Umsatz 174 Prozent. Kosteneinsparungen über Budget dürften dafür sorgen, dass das Jahresresultat besser ausfällt als noch Mitte Jahr gedacht. Dennoch bleibe ich vorsichtig. Die Kostenreduktion ist zu einem beträchtlichen Teil auf den Verzicht der sogenannten Minimalgarantien zurückzuführen, die Dufry den Flughafenbetreibern für die Verkaufsflächen entrichtet. Zieht das Geschäft wieder an, steigen auch die Kosten. Gut, das Sparprogramm von 2020 dürfte dazu führen, dass sie langfristig tiefer bleiben. Doch darf nicht vergessen gehen, dass das tiefere Kursniveau auch auf Kapitalmassnahmen zurückzuführen ist, die Dufry treffen musste. Und auch die Erholung ist nicht in trockenen Tüchern. In Asien ging das Geschäft jüngst wegen neuer Restriktionen zurück. Halten
Swisscom: Halten
Sowohl beim Umsatz als auch bei den Ergebniskennzahlen konnte Swisscom im vergangenen dritten Quartal zulegen. Ich mache mir trotzdem etwas Sorgen. Das jüngste Urteil des Verwaltungsgerichts stand nämlich im Vordergrund der Zahlenpräsentation und nicht die finanzielle Leistung. Im Entscheid des Verwaltungsgerichts wurde Swisscom vorgeworfen, mit der benutzten Netzarchitektur beim Glasfaserausbau marktbeherrschendes Verhalten an den Tag zu legen. Das Telekommunikationsunternehmen geht nun in den Rekurs und will zur höchsten Instanz, dem Bundesgericht, weiterziehen. Wenn sie nicht einen Teil des Netzes umrüsten will, ist sie von einer Einigung oder einem günstigen Urteil abhängig. In Folge des jüngsten Richterspruchs wurde der zu erwartende Umsatz für das Gesamtjahr leicht abgesenkt und dürfte jetzt nur mehr 11,2 Milliarden Franken ausmachen. Die Investitionen dürften von zuvor 2,2 bis 2,3 Milliarden Franken nun am oberen Ende zu liegen kommen. Auch hinter der Glasfaserpartnerschaft mit Konkurrentin Salt steht damit ein Fragezeichen. Zum Glück ist die Dividende von 22 Franken vorerst nicht gefährdet. Halten
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung. Weitere Artikel der «Finanz und Wirtschaft» finden Sie unter www.fuw.ch
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