Bewegungsmangel nimmt zuStudie: Immer mehr Europäer sitzen zu viel
Der Anteil der Menschen, die länger als viereinhalb Stunden im Sitzen verbringen, kletterte in den letzten Jahren auf über 50 Prozent. Das zeigt eine Studie aus Spanien mit 96'000 Teilnehmern. Bemerkenswert daran ist der Vergleich zwischen Senioren und jüngeren Menschen.

Immer mehr Europäer werden zu Dauersitzern und gefährden dadurch die eigene Gesundheit. Der Anteil der Menschen, die nach eigenen Angaben täglich länger als viereinhalb Stunden im Sitzen verbringen, kletterte zwischen 2002 und 2017 um 8 Prozent auf 54,3 Prozent, wie Forscher der spanischen Universidad Rey Juan Carlos (URJC) im Fachblatt «BMC Public Health» schreiben.
Die Forscher analysierten die Ergebnisse von vier europäischen Umfragen mit mehr als 96'000 Teilnehmern in allen Ländern der Europäischen Union. Daten aus der Schweiz flossen nicht in die Untersuchung mit ein. Es zeigte sich, dass der Bewegungsmangel insgesamt zunimmt: in Spanien beispielsweise um 3,9 Prozent, in Deutschland um 7,4 Prozent und in Grossbritannien um satte 22,5 Prozent.

Die Forscher nahmen viereinhalb Stunden als Schwellenwert an, ab dem bestimmte Gesundheitsrisiken steigen. Das viele Sitzen sei eines der Hauptrisikofaktoren was die Entwicklung vieler chronischer Krankheiten wie Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Krebs angehe, schreiben sie. Es sei daher notwendig, spezifische Strategien zu entwickeln, um den Bewegungsmangel zu überwachen und zu reduzieren.
Senioren sind keine Stubenhocker
Bemerkenswert ist, dass in Europa verhältnismässig weniger Senioren als jüngere Menschen zu viel sitzen: In der Gruppe der Menschen ab 65 Jahren betrug der Anteil 55,6 Prozent, bei den 18- bis 24-Jährigen dagegen 58,3 Prozent. Die Gruppe der 35- bis 44-Jährigen verzeichnete den stärksten negativen Trend: Hier kletterte der Anteil um 15,4 Prozent von 43,7 auf 50,4 Prozent.
Die Autoren machen dafür neue Technologien verantwortlich. «Wir stellen die These auf, dass die zunehmende körperliche Inaktivität in erster Linie darauf zurückgeführt werden kann, dass die Menschen bei der Arbeit und auch in der Freizeit immer mehr mit Technologien wie Smartphones und Streamingdiensten interagieren», sagt Hauptautor Xián Mayo.
Schon ein kleiner Stellungswechsel hilft
Doch warum ist Vielsitzen gefährlich? Da ist einerseits der niedrige Kalorienverbrauch. «Der Stoffwechsel und das Herz-Kreislaufsystem laufen auf Sparflamme», erklärt der Sportmediziner Klaus Völker. Dadurch steige das Risiko für Herz-Kreislauf- und Stoffwechsel-Erkrankungen wie Diabetes. Zudem belaste langes Sitzen unter anderem auch Beinvenen, Muskeln und die Haltung.
Völker betont, dass die negativen Auswirkungen des zu langen Sitzens nicht durch Sport am Abend völlig kompensiert würden. Er empfiehlt deshalb, die Sitzposition häufig zu ändern und immer mal wieder kurz aufzustehen. Studien hätten gezeigt, dass schon kurzes Aufstehen positive Effekte habe: «Kleinvieh macht auch Mist.»
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