Täter war für den MI5 kein Unbekannter
london. Zwei Tage nach dem Terrormord hat in London die Debatte über mögliche Konsequenzen begonnen. Bis jetzt stehen vor allem die Medien und der Geheimdienst in der Kritik.
Politiker und hohe Polizeiführer kritisierten scharf die Veröffentlichung eines Videos, in dem einer der blutverschmierten Täter islamistische Hassparolen von sich gibt. «Diese Leute wünschen sich Publizität, und die Medien haben ihren Wunsch erfüllt», sagte Peter Fahy, der Polizeipräsident von Manchester, dem Heimatort des Mordopfers Lee Rigby. Der Inlandgeheimdienst MI5 muss sich kritische Fragen gefallen lassen, weil das Täterduo seit Jahren unter Beobachtung stand. Gemeinsam mit hohen muslimischen Geistlichen mahnte der Erzbischof der anglikanischen Staatskirche, Justin Welby, zu gesellschaftlicher Solidarität, «damit der Hass nicht siegt».
«Berechtigte Fragen»
Der eine der Täter, der 28-jährige Michael Adebolajo, stand offenbar bereits vor acht Jahren erstmals im Visier des Geheimdienstes, auch der zweite, Michael Adebowale (22), war beim MI5 kein Unbekannter. Dessen früherer Leiter Jonathan Evans hatte 2007 von rund 2000 Islamisten gesprochen, die «eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen». Freilich sei es enorm schwierig, die Signale richtig zu lesen, gibt der frühere MI5-Führer Richard Barrett zu bedenken: «Zu welchem Zeitpunkt kippt ein junger Mann ab und wird zum potenziellen Gewalttäter?» Ob der Geheimdienst sich Versäumnisse vorwerfen lassen muss, soll nun der zuständige Parlamentsausschuss unter Leitung des früheren Aussenministers Malcolm Rifkind untersuchen. Es gebe da «völlig berechtigte Fragen», teilte Rifkind mit.
Adebolajo war immerhin mehrfach im Umfeld des prominenten Hasspredigers Anjem Choudary von der verbotenen Extremistenorganisation Al-Muhajiroun gefilmt worden. Dieser gab gegenüber der BBC die Bekanntschaft zu, beteuerte aber, er habe den Attentäter von Woolwich aus den Augen verloren. Adebolajos Bluttat mochte der gelernte Anwalt Choudary nicht verdammen, im Gegenteil: Mit dessen Rechtfertigungen «könnten viele Muslime übereinstimmen».
Das sehen islamische Geistliche und der Dachverband der Muslime Grossbritanniens ganz anders. Sie haben sich klar vom Extremismus distanziert, was der zuständige Minister Eric Pickles als Erfolg wertete. Anders als nach den Selbstmordattentaten vom Juli 2005 sei diesmal kein Zweifel entstanden, wo «die grosse Mehrheit der Moslems in unserem Land stehen». Pickles rief zur Wachsamkeit auf gegenüber rechtsextremen Organisationen wie der British National Party (BNP) und der English Defence League (EDL), die fürs Wochenende zu Demonstrationen aufgerufen haben.
Bombendrohung gegen Airline
Für neue Aufregung sorgte gestern das Notsignal eines Jets der pakistanischen Airline PIA. Nach der erzwungen Landung auf dem Londoner Airport Stansted wurden zwei Männer festgenommen, ihre Bombendrohung stand offenbar nicht mit den Ereignissen von Woolwich in Zusammenhang.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch