Kolumne StadtverbesserinToo big to fail
Die Credit-Suisse-Rettung zeigt, dass rücksichtsloses Geschäften ohne Folgen bleibt. Als sechstgrösste Stadt könnte auch Winterthur von einem «Too big to fail»-Status profitieren.

Die Credit Suisse taumelt seit Jahren von einem Skandal zum nächsten. Das verlorene Vertrauen spiegelt sich in desaströsen Geschäftszahlen. Das neuste Kapitel im Drama schrieb am Donnerstag die Nationalbank. Mit einer Finanzspritze von 50 Milliarden Franken eilte sie der Grossbank zu Hilfe. 50 Milliarden Franken muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen. Das sind 50’000 Millionen oder 50’000’000’000 Franken. Mit dem gleichen Geld könnte sich jeder Schweizer und jede Schweizerin 3830 Buttergipfeli à 1.50 das Gipfeli kaufen. Oder 40 Jahre lang Netflix schauen.
Am gleichen Tag stellte die Stadt Winterthur ihre Finanzstrategie vor, die es ihr erlaubt, pro Jahr ein paar Milliönchen mehr auszugeben. Für Schulhäuser, Pflegelöhne oder vielleicht ein neues Fussballstadion. Da wäre mehr möglich gewesen, denkt sich die Stadtverbesserin. Als sechsgrösste Stadt ist doch auch Winterthur irgendwie «too big to fail». Warum also nicht Schulhäuser klotzen und Hallenbäder bauen, natürlich mit Sauna, oder den Super- zum Hyperblock ausbauen? Die Rechnung zahlt im schlimmsten Fall jemand anderes.
Es ist ja nur Geld, ein schlechtes Gewissen nicht nötig. Auch hier kann sich der Stadtrat an der Managerkaste orientieren. Diese hat das Kunststück vollbracht, ihre absurd hohen Löhne mit der Verantwortung zu rechtfertigen, die schwer auf ihren Schultern lastet. Nur um diese bei den ersten Turbulenzen abzuwerfen, wie Sandsäcke an einem Heissluftballon. Und wenn alle Stricke reissen, liegt der goldene Fallschirm bereit.
Die Bankenwelt könnte aber auch einiges von Winterthur lernen. Vielleicht nicht über den richtigen Umgang mit Geld, dafür Bescheidenheit und den hohen Wert von intrinsischer Motivation. Denn es sind Freiwillige, die Grossanlässe wie die Musikfestwochen möglich machen. Eine besonders schöne Weisheit stammt von Beat Kunz, dem Leiter von Stadtgrün: «Auch ein Baum hat das Recht zu sterben», sagte er im Dialogplatz-Podcast. Das sollte analog auch für Banken gelten. Natürlich mit der Bedingung, dass herabfallende Äste keine unschuldigen Passanten unter sich begraben. In solchen Fällen empfiehlt sich frühzeitiges Zurechtstutzen.
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