Kolumne StadtverbessererUrbanes Nistverhalten
Der Stadtverbesserer macht eine verstörende Entdeckung, die sich aber mit Blick auf die Vogelwelt erklären lässt.

In einem Wohnblock in Zürich machte der Stadtverbesserer neulich folgende verstörende Entdeckung: Der abendliche Fahrradkurier hatte eine Eillieferung unter die Milchkästen deponiert. Sieben Holzscheite. Einzeln in Papier verpackt, jedes mit einer Adressetikette und in drei Sprachen angeschrieben.
Das warf gleich mehrere Fragen auf. Die wichtigsten zwei: Wer verkauft so etwas? Und wer beschliesst, dass er es so dringend braucht, dass ein Velokurier auf den Sattel steigen muss? Die Antwort lautet in beiden Fällen: Zürcher.
In Winterthur sammelt man(n) das Holz noch eigenhändig, wie der Stadtverbesserer bei der mittäglichen Joggingrunde feststellte. Ein Vater machte für seine Familie am Brühlberg ein derart russig-rauchiges Brätli-Feuer, dass jeder Vorbeiläufer herzlich mithusten durfte.
Zurück auf der Redaktion tauchte der Kollege aus dem Unterland mit sechs mannshohen Bambusstäben auf, die er in der Landi gekauft hatte. Fürs Hochbeet der Familie.
«Ob zur Verschönerung des Zuhauses oder zum Zubereiten einer Mahlzeit: Hauptsache man kann mit Holz auftrumpfen.»
So wie Vogelmänner im Frühling Zweige sammeln, um Weibchen zu beeindrucken, scheint auch bei Menschenmännern eine Form von frühlingshaftem Nistverhalten überlebt zu haben. Auch wenn sie seltsame Blüten treibt. Ob zur Verschönerung des Zuhauses oder zum Zubereiten einer Mahlzeit: Hauptsache, man kann mit Holz auftrumpfen. Überraschen Sie Ihre Liebste doch wieder mal mit einem schönen Zweig!
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