Geldblog: Debatte um PatentschutzWas Moderna-Aktionäre wissen müssen
Wer Papiere von Impfstoffentwicklern hält, sollte die Diskussionen um den Patentschutz genau im Auge behalten.

Ich halte Aktien von Moderna und Biontech. Eigentlich wollte ich bei Moderna aufstocken, bin nun aber wegen der Diskussion um den Patentschutz irritiert. Wie sehen Sie das? Leserfrage von P. F.
Ich weiss nicht, wann Sie bei den Aktien von Moderna eingestiegen sind – ich hoffe, noch vor Ausbruch der Coronakrise. Denn seither hat sich der Kurs der Moderna-Papiere vermehrfacht. Kein Wunder: Moderna ist ein Gewinner der globalen Impfkampagne zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie und gehörte weltweit zu den ersten Firmen, deren Wirkstoff auf breiter Front eingesetzt werden konnte. Aus dem früheren Startup wurde ein international erfolgreiches und bekanntes Biotechunternehmen. Entsprechend hat Moderna im ersten Quartal dieses Jahres erstmals überhaupt in seiner Geschichte schwarze Zahlen geschrieben und einen stattlichen Gewinn von 1,22 Milliarden Dollar erzielt, nachdem im Vorjahr ein Verlust von 124 Millionen Dollar ausgewiesen wurde. Auch der Ausblick fällt aus Sicht des Managements positiv aus: Im laufenden Jahr will Moderna die Verkäufe um über 4 Prozent auf 19,2 Milliarden Dollar erhöhen.
Seit der Publikation dieses Ausblicks sind allerdings an der politischen Front dunkle Wolken aufgezogen. Weil sich US-Präsident Joe Biden für eine temporäre Freisetzung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe ausgesprochen hatte, bekam die stark politisch motivierte Idee international deutlich Auftrieb. Direkt betroffen von einer möglichen Löcherung des Patentschutzes wären neben anderen Unternehmen besonders Moderna und die ebenfalls von Ihnen gehaltene Biontech. Beide Firmen haben fast gleichzeitig einen Impfstoff entwickelt, der auf der Boten-RNA-Technologie (mRNA) basiert, welche das Nachrichtensystem des menschlichen Körpers nutzt, um Zellen in Fabriken zur Krankheitsbekämpfung zu verwandeln.
Die Risiken für diese Biotechunternehmen haben zugenommen und sie sind anfälliger für Kurskorrekturen.
Mit einer Freisetzung des Patentschutzes würden diese Impfstoffentwickler einen Teil ihrer Einnahmen aus der Lizenzierung ihrer Wirkstoffe verlieren. Wenn die Patente nicht mehr gelten, zahlt niemand etwas für eine Lizenzierung. Der grösste Teil der Einnahmen erwirtschaften die Firmen weiterhin mit dem Verkauf ihrer Impfstoffe, aber die Zusatzeinnahmen aus der Lizenzierung fehlen. Angesichts dieser Verschlechterung der Rahmenbedingungen für fast reine Impfstoffentwickler wie Moderna und Biontech stufe ich deren Aktien als hoch bewertet ein. Die Risiken für diese Biotechunternehmen haben zugenommen und sie sind anfälliger für Kurskorrekturen. Vor allem aber halte ich das Potential für weitere Kurssteigerungen angesichts der politischen Debatte um den Patentschutz für Corona-Impfungen für beschränkt. Vor diesem Hintergrund würde ich weder bei Moderna noch bei Biontech zukaufen und eher mal ein paar Gewinne mitnehmen.
Problematisch ist die Löcherung des Patentschutzes allerdings nicht nur für reine Impfstoffentwickler, sondern auch für den gesamten Pharmasektor. Wenn die Patentregeln geändert werden, ist dies ein gefährliches Signal, das insbesondere für den Forschungs- und Pharmastandort Schweiz, der eine hohe Wertschöpfung für unser Land und Tausende von Arbeitsplätzen bietet, beträchtliche Gefahren beinhaltet. Indem jetzt, wenngleich nur temporär, der Patentschutz bei einem Wirkstoff aufgehoben wird, könnte dies später mit gleicher politischer Argumentation auch bei Medikamenten passieren, womit teure Forschung und Innovation nicht mehr bezahlbar und für Sie als Kapitalgeber ein Investment weniger attraktiv würde. Darum sollte man als Aktionär von Pharmafirmen die weitere Debatte um den Patentschutz genau im Auge behalten.
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