Medienkonferenz des BundesratsUkraine-Flüchtlinge erhalten Ausweis S – mit Familiennachzug und Arbeitsrecht
Der Bundesrat erläutert in diesen Minuten, wie die Schweiz mit den in den nächsten Tagen und Wochen erwarteten Flüchtlingen umgeht. Wir berichteten live.
Das Wichtigste in Kürze
Der Bundesrat erwartet, dass Ukrainerinnen und Ukrainer zunehmend auch in der Schweiz Schutz suchen werden.
Jetzt soll der Schutzstatus S aktiviert werden. Damit erhalten Personen aus der Ukraine einen Ausweis S. Das damit verbundene Aufenthaltsrecht in der Schweiz ist auf ein Jahr befristet, kann aber verlängert werden.
Der Status S ermöglicht es auch, Familienangehörige nachzuziehen.
Ukrainerinnen und Ukrainer sollen auch nach 90 Tagen im Schengen-Raum reisen und bereits nach einem Monat einer Erwerbstätigkeit nachgehen können.
Die Unterbringung erfolgt direkt in den Kantonen.
Definitiv entscheiden will der Bundesrat kommende Woche.
Der Bundesrat hat am Freitag ebenfalls beschlossen, weitere Sanktionspakete der EU zu übernehmen (siehe Tickereintrag von 14.45 Uhr).
Und eine Reaktion gibt es vom Bundesrat auch auf die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg zu erwartenden Verwerfungen auf dem Gasmarkt. Der Bundesrat sorgt sich um die Gasversorgungssicherheit und bereitet entsprechende Massnahmen vor (siehe Tickereintrag von 14.45 Uhr).
Energieministerin Simonetta Sommaruga drängt auch angesichts des Ukraine-Krieges bei der Energieversorgung auf einen Effort bei der Umstellung auf erneuerbare Energien. Der Krieg in der Ukraine zeige, wie abhängig Europa von russischem Gas sei, und wie verwundbar Europa dadurch sei – auch die Schweiz.
«Denn die Schweiz hat sich zu stark auf Importe von Öl, Gas, Uran und Strom verlassen», sagte Sommaruga am Freitag vor den Medien in Bern.
Weg von fossiler Energie
«Wir müssen die Produktion der einheimischen Energien verstärken», mahnte Sommaruga. Das sei zwar schon lange die Strategie der Schweiz, aber umgesetzt habe man das in letzten zehn Jahren zu wenig.
Die Schweiz müsse jetzt viel entschlossener vorwärts machen und wegkommen von fossiler Energie. Denn diese stamme zu 100 Prozent aus Importen – und das in der Schweiz verwendete Gas stamme dabei zur Hälfte aus Russland.
Kantone suchen «mit Hochdruck» Unterkünfte für Ukraine-Flüchtlinge
Die Kantone rechnen aufgrund des Kriegs in der Ukraine mit mehr Flüchtlingen. Sie sind deshalb «mit Hochdruck» daran, zusätzliche Unterkünfte zu suchen und in Betrieb zu nehmen, wie die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) mitteilte.
320 Personen haben sich nach dem Verlassen der Ukraine bisher bei den Bundesasylzentren registriert. 200 dieser Menschen sind in diesen Zentren geblieben.
Die übrigen seien zu ihren Verwandten zurückgekehrt, sagte Staatssekretärin Christine Schraner Burgener am Freitag in Bern vor den Medien. Die meisten der rund 7000 Ukrainerinnen und Ukrainer, die in der Schweiz lebten, wohnten in fünf Kantonen. Es sind Zürich, Bern, Aargau, Waadt und Bern.
Das Staatssekretariat für Migration hat für Fragen rund um die Unterbringung der geflüchteten Menschen eine Anlaufstelle eingerichtet (ukraine@sem.admin.ch). Es hätten sich bereits tausende Privatpersonen gemeldet, die helfen wollten, sagte Schraner Burgener. Gespräche mit Kantonen, Städten und Gemeinden sowie Hilfsorganisationen seien geplant.
Fast 700 Personen auf Sanktionsliste
Nach den jüngsten Beschlüssen des Bundesrats stehen nun insgesamt 677 Personen auf der Schweizer Sanktionsliste. Bei ihnen handelt es sich insbesondere um Mitglieder des russischen Parlaments, Personen aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Putin sowie Geschäftsleute.
Dies erklärte Erwin Bollinger, Leiter des Leistungsbereichs Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), am Freitag vor den Medien in Bern. Die Zahl der Unternehmen auf der Liste belaufe sich auf 53.
Der Bundesrat hatte an seiner Sitzung vom Freitagvormittag beschlossen, weitere 122 Personen mit Sanktionen zu belegen.
Die Gasversorgung sei sichergestellt, sagt eine Journalistin, doch in der Medienmitteilung schreibe der Bundesrat von einem gewissen Restrisiko. Ob es doch auch noch diesen Winter zu einem Engpass kommen könnte. Wir müssen uns auf die Angaben der Elektrizitätskommission verlassen, antwortet Sommaruga. Die sagen, die Stromversorgung in diesem Winter sei gesichert. Bei der Gasbranche gebe es eine solche Behörde nicht. Sie sei aber in engem Kontakt mit den Akteuren, so die Energieministerin weiter. «Man kann für diesen Winter davon ausgehen, dass die Versorgungssicherheit gegeben ist», sagt sie noch einmal.
Geflüchtete aus der Ukraine sollen mit Schutzstatus S frei reisen können. Ob das nicht unfair gegenüber Flüchtlingen aus Syrien sei, denen dieses Recht nicht zugestanden werde, lautet eine Frage. Ukrainerinnen und Ukrainer hätten ohnehin das Recht, im Schengenraum zu reisen, sagt Keller-Sutter.
Dass Private Flüchtlinge aufnehmen, sei wünschenswert, sagt Karin Keller-Sutter. «Wir sind dankbar für solche Angebote». Es brauche aber schon eine Registrierung der Personen.
Keller-Sutter kann noch keine konkreten Zahlen nennen. 7000 Ukrainerinnen und Ukrainer lebten schon in der Schweiz. Da der Status S ein vorübergehender Status sei, seien keine Integrationsmassnahmen vorgesehen. Es gebe aber Angebote der Kanton. Bereits 320 Personen haben sich bei Bundesasylzentren gemeldet, sagt Christine Schraner-Burgener vom Staatssekretariat für Migration SEM.
Der Bundesrat habe heute Beschlüsse gefasst, um die unbürokratische Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine zu ermöglichen, sagt Keller-Sutter.
Innerhalb von wenigen Tagen hätten mehr als eine Million Menschen ihre Heimat verlassen – die meisten sind nach Polen gereist. Man könne noch nicht sagen, wie viele Ukrainerinnen und Ukrainer noch folgen werden. «Wir gehen davon aus, dass die Zahlen in den nächsten Wochen markant steigen werden.» Deshalb wolle man die Aufnahme ermöglichen, ohne die regulären Asylstrukturen zu überlasten. Dazu solle der Schutzstatus S zum ersten Mal aktiviert werden. Bund und Kantone hätten deshalb noch keine Erfahrung damit. Wir sind bereit, pragmatische Lösungen zu finden.
«Es handelt sich um einen kollektiven Schutz. Die Bürokratie wird auf ein Minimum beschränkt», fasst Keller-Sutter die Vorteile des Schutzstauts zusammen. Er sei auf ein Jahr befristet.
«Die aus der Ukraine vertriebenen Menschen können in der Schweiz auch privat untergebracht werden.» Es gebe viele Privatpersonen, die sich bereit erklärt hätten, Unterkünfte anzubieten, sagt Keller-Sutter weiter. Die Solidarität sei gross.
«Mit dem Angriff verletzt Russland das Völkerrecht und fügt der Bevölkerung in der Ukraine unermessliches Leid zu», sagt Bundesrätin Simonetta Sommaruga. «Der Bundesrat hat deshalb weitere Entscheide getroffen, damit auch die Schweiz dazu beiträgt, die verheerenden Folgen zu lindern.» Dazu gehörten die Sanktionen wie von Parmelin erwähnt und die Aufnahme von Flüchtlingen, wie Bundesrätin Karin Keller-Sutter noch erläutern werde.
Der Krieg beeinflusse auch die weltweite Energieversorgung. «Der Krieg zeigt, wie abhängig Europa von russischem Gas ist», sagt Sommaruga weiter. Er zeige auch, wie verwundbar Europa sei und verweist auf den Angriff auf das grösste Atomkraftwerk Europas in der vergangenen Nacht.
«Die Energieversorgung wird sich aufgrund des Kriegs weltweit massiv verändern.» Davon betroffen sei auch die Schweiz. Sie habe sich in den letzten Jahrzehnten zu stark auf Importe von Öl, Gas, Uran und Strom verlassen.
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Die Schweiz müsse jetzt viel entschlossener vorwärts machen und wegkommen von fossiler Energie. Denn diese stamme zu 100 Prozent aus Importen – und das in der Schweiz verwendete Gas stamme dabei zur Hälfte aus Russland.
Die Schweizer Bevölkerung wolle in diese Richtung gehen. Umfragen zeigten, dass in den vergangenen zwei Jahren so viele Photovoltaik-Anlagen gebaut worden seien, wie nie zuvor. Die ersten zwei Monate dieses Jahres zeigten, dass die Entwicklung weiter steil nach oben gehe.
«Das Tempo ist jetzt entscheidend», sagte Sommaruga. Und alle müssten Hand dazu bieten «und sich zusammenraufen». Der Runde Tisch zur Wasserkraft habe gezeigt, dass das möglich sei.
Sommaruga blickte zudem in die Schweizer Geschichte zurück. Vor 100 Jahren, nach dem Ersten Weltkrieg, «ist unserem Land bewusst geworden, wie extrem abhängig die Schweiz von der Kohle geworden war», sagte Sommaruga. Dann sei rasch die Umstellung auf die Wasserkraft erfolgt. Auch die Elektrifizierung der Bahn habe die Schweiz in Rekordzeit geschafft.
«Seit heute sind alle vier Sanktionspakete der EU übernommen und rechtsgültig umgesetzt», beginnt Bundesrat Guy Parmelin. In Rekordzeit hätten die Verantwortlichen die nötigen Verordnungen umgesetzt.
Güter, die auch für militärische Zwecke verwendet werden könnten, dürfen nicht mehr exportiert werden. Dasselbe gilt für Technologie im Gassektor. Nach dem Prinzip der Gleichbehandlung wird auch die Ukraine nicht beliefert.
Die Konten von 223 Personen wurden gesperrt, so Parmlin. Darunter befänden sich unter anderem Oligarchen und enge Vertraute Putins.
Die Sanktionen im Finanzbereich betreffen auch Vermögenswerte in Kryptowährungen. Das sei wichtig, da die Schweiz in diesem Bereich eine führende Rolle innehabe, hob Parmelin hervor.
Als strengste Massnahmen im Finanzbereich bezeichnete Parmelin das Verbot von Transaktionen mit der russischen Zentralbank sowie den Ausschluss russischer Banken vom Banken-Kommunikationssystem Swift. Letzterer werde in der Praxis durch Swift in Belgien umgesetzt, sobald die entsprechende EU-Verordnung in Kraft trete.
Ukrainische Flüchtlinge sollen in der Schweiz rasch und unbürokratisch Schutz erhalten. Der Bundesrat will zu diesem Zweck erstmals den Schutzstatus S aktivieren.
Der Bundesrat erwartet, dass Ukrainerinnen und Ukrainer zunehmend auch in der Schweiz Schutz suchen werden. Sie können visumsfrei einreisen und sich 90 Tage frei im Schengen-Raum aufhalten. Der Bundesrat hat nun aber nach Möglichkeiten gesucht, um den Flüchtlingen auch danach Schutz zu gewähren.
Mit dem Schutzstatus S erhielten die Flüchtlinge rasch ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz, ohne dass sie ein ordentliches Asylverfahren durchlaufen müssten, schreibt der Bundesrat. Definitiv entscheiden will er kommende Woche: Bis Mitte nächster Woche werden die Kantone und Partnerorganisationen konsultiert.
Der Schutzstatus S wurde aufgrund der Erfahrungen der Jugoslawien-Kriege in den 1990er Jahren geschaffen mit dem Ziel, das Asylsystem zu entlasten. Die EU kennt eine vergleichbare Regelung. Am Donnerstag haben sich die EU-Innenminister darauf geeinigt, diese für die Ukrainerinnen und Ukrainer anzuwenden.
Mit dem Schutzstatus erhalten Personen aus der Ukraine einen Ausweis S. Das damit verbundene Aufenthaltsrecht in der Schweiz ist auf ein Jahr befristet, kann aber verlängert werden. Der Status S ermöglicht es auch, Familienangehörige nachzuziehen.
Damit die Schweizer Regelung möglichst jener der EU entspricht, will der Bundesrat bestimmte Punkte anpassen. Diese betreffen die Reisefreiheit und die Erwerbstätigkeit: Ukrainerinnen und Ukrainer sollen auch nach 90 Tagen im Schengen-Raum reisen und bereits nach einem Monat einer Erwerbstätigkeit nachgehen können.
Die Unterbringung erfolgt direkt in den Kantonen. Die Kantone werden vom Bund mit einer Globalpauschale für die Unterbringung, die obligatorische Krankenversicherung und die Betreuung der Betroffenen entschädigt. Hat der Bundesrat den vorübergehenden Schutz nach fünf Jahren noch nicht aufgehoben, so erhalten Schutzbedürftige eine Aufenthaltsbewilligung B.
Nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR haben seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine schon über eine Million Menschen das Land verlassen. Rund die Hälfte reiste nach Polen, während andere in der Slowakei, in Ungarn, Rumänien und Moldau Schutz suchen.
Sanktionen der Schweiz
Der Bundesrat hat am Freitag auch weitere Entscheide zu Sanktionen gegenüber Russland gefällt. Die Sanktionspakete der EU vom 23. Und vom 25. Februar sind nun vollständig umgesetzt. Neu wird ausserdem die Ausfuhr sämtlicher sogenannt doppelt verwendbarer Güter nach Russland verboten. Es handelt sich um Güter, die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können.
Der Bundesrat hat auch die Übernahme von Sanktionen im Finanzbereich beschlossen, welche die EU am 1. März 2022 verabschiedet hat. Die Umsetzung der Sanktionen erfolge im Einklang mit der Neutralität, schreibt der Bundesrat. (Charlotte Walser)
Nach der Europäischen Union verschärft auch die Schweiz ihre Sanktionen gegen Russland im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Der Bundesrat hat am Freitag beschlossen, weitere Sanktionspakete der EU zu übernehmen.
Dabei geht es einerseits um den Export von Gütern, andererseits um Finanzsanktionen, wie die Landesregierung mitteilte. Sie hatte an ihrer Sitzung die Änderung der entsprechenden Verordnung beschlossen.
Die Änderungen treten am Freitag um 18.00 Uhr in Kraft. Die Umsetzung der Sanktionen erfolge im Einklang mit der Neutralität, betonte der Bundesrat in seiner Medienmitteilung. Man sehe zudem Ausnahmen vor, um die humanitäre Hilfe nicht zu erschweren.
Güter, die sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke eingesetzt werden können, dürfen generell nicht mehr nach Russland ausgeführt werden. Verboten werden den Angaben zufolge auch Exporte sogenannter strategischer Güter – also von Gütern, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands oder zur Entwicklung des Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen könnten. Auch technische Hilfe oder das Vermitteln oder Bereitstellen von Geldern werden in diesem Zusammenhang untersagt.
Die Sanktionen sehen zudem Verbote des Exports bestimmter Güter für den Ölsektor und von Gütern und Technologien für die Luft- und Raumfahrtindustrie vor. Verboten werden auch einige Dienstleistungen, etwa Reparaturarbeiten und Inspektionen, aber auch Versicherungen.
Weitere Massnahmen betreffen den Finanzbereich: Die Schweiz verbietet wie die EU unter anderem Transaktionen mit der russischen Zentralbank. Weitere Massnahmen im Finanzbereich betreffen Wertpapiere, Darlehen sowie die Entgegennahme von Einlagen. Zudem trägt die Schweiz den Ausschluss mehrerer russischer Banken vom Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift mit.
Schliesslich sperrt die Schweiz die Vermögen weiterer Personen aus dem Umfeld des russischen Präsidenten Wladimir Putin, wie es im Communiqué hiess. (sda)
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Angesichts des Kriegs in der Ukraine hat der Bundesrat Massnahmen zur Gasversorgungssicherheit für den kommenden Winter beschlossen. Die Gasunternehmen sollen rasch gemeinsam Gas, Gasspeicherkapazitäten, Flüssiggas (LNG) und LNG-Terminalkapazitäten beschaffen können.
Die Energieversorgungssicherheit der Schweiz sei im laufenden Winter nach aktuellen Kenntnissen gesichert, schreibt die Landesregierung in einer Mitteilung von Freitag. Allerdings drohe die Versorgungssicherheit im nächsten Winter durch die Krise und durch die wirtschaftlichen Sanktionen geschwächt zu werden.
Aus diesem Grund hat der Bundesrat gemäss Mitteilung entsprechende Voraussetzungen geschaffen, damit die Schweizer Gasbranche diese Beschaffungen rasch tätigen kann, ohne im Nachhinein kartellrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Denn diese Beschaffungen seien nur gemeinsam und durch Absprachen innerhalb der Branche möglich. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Branche nun die notwendigen Schritte einleitet.
Ausserdem sollen das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) und das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) in Zusammenarbeit mit der Wettbewerbskommission (Weko) sicherstellen, dass die Schweizer Gasbranche die Beschaffungen möglichst rasch tätigen kann. Ende April sollen das Uvek, das WBF, die Weko und die Gasbranche dem Bundesrat die weiteren Modalitäten dem Bundesrat vorlegen.
Kein Solidaritätsabkommen für Schweiz
Diese am Freitag beschlossene Massnahme sei nötig, weil die Schweiz keine grossen Gasspeicher habe und von kontinuierlichen Importen und damit vom internationalen Gasmarkt abhängig sei. Zudem seien viele Länder und die EU derzeit ebenfalls auf der Suche nach alternativen und zusätzlichen Liefermöglichkeiten.
Auf EU-Ebene gebe es Bestrebungen für eine Koordination. Ausserdem haben gemäss Mitteilung die EU-Mitgliedsländer Solidaritätsabkommen für die gegenseitige Gaslieferung in Notlagen. Die Schweiz sei nicht in dieses System eingebunden.
«Restrisiko» für diesen Winter
Für den laufenden Winter bleibt laut Bundesrat ein kleines Restrisiko, namentlich im Falle weiterer grösserer «ungeplanter Kraftwerksausfälle», bei einer längeren ausgeprägten Kälteperiode sowie im Falle eines Lieferstopps von russischem Gas nach Europa. Die staatliche Regulierungsbehörde im Elektrizitätsbereich (Elcom) beobachte die Situation in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Energie und der wirtschaftlichen Landesversorgung sowie mit Swissgrid.
Damit die Strom- und Gasversorgungssicherheit in der Schweiz besser für alle Eventualitäten gewappnet ist, hat der Bundesrat bereits am 17. Februar beschlossen, dass eine Wasserkraftreserve aufgebaut wird, die schnell verfügbar ist. (sda)
Zur heutigen Bundesratssitzung findet eine Medienkonferenz zum Thema Ukraine statt. Heute um 14.45 Uhr treten Wirtschaftsminister Guy Parmelin, Umweltministerin Simonetta Sommaruga und Justizministerin Karin Keller-Sutter vor die Medien.

Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat gestern in Brüssel erklärt, dass sie im Bundesrat den Antrag stellen wird, den Schutzstatus S zu aktivieren. Dies, gleichgültig ob die EU ihre Richtlinie zum temporären Schutz in Kraft setzt oder nicht.
Die Schweizer Landesregierung tagte heute zum Flüchtlingsthema. Für den Nachmittag wird eine Medienkonferenz dazu erwartet.
Gegen die EU-Richtlinie gibt es Widerstand – dies dem Vernehmen nach vor allem von den osteuropäischen Staaten, jenen Ländern also, die zurzeit am meisten Geflohene aus der Ukraine aufnehmen. Streitpunkt ist scheinbar, ob aus der Ukraine geflüchtete Drittstaatenangehörige ebenfalls von der EU-Richtlinie profitieren sollen oder nicht.
Denn Menschen aus Drittstaaten dürfen nicht visumsfrei in den Schengen-Raum und damit auch nicht in die Schweiz einreisen. Ukrainerinnen und Ukrainern hingegen ist der visafreie Aufenthalt im Schengen-Raum für 90 Tage erlaubt, sofern sie einen biometrischen Pass besitzen.
Nach 90 Tagen soll dann in der Schweiz der S-Status greifen. Dank diesem können die Schutzbedürftigen aus der Ukraine aus humanitären Gründen befristet bis maximal fünf Jahre im Land bleiben. Aufgenommene dürfen dann beispielsweise arbeiten und Sozialleistungen beziehen.

Laut Keller-Sutter sind die EU-Richtlinie und der Schweizer S-Status ähnlich. Die SP und Amnesty International Schweiz hatten kritisiert, dass der S-Status den Geflüchteten weniger Rechte gebe als die Richtlinie. Angesprochen auf diese Unterschiede – etwa einem drei-monatigen Arbeitsverbot oder einer Bewilligungspflicht für Reisen ins EU-Ausland – machte sich die Bundesrätin dafür stark, hier pragmatisch zu entscheiden.
Forderungen der SVP
Die SVP forderte heute den Bundesrat dazu auf, Hilfe für Ukraine-Flüchtlinge in den Nachbarstaaten leisten, statt die Kriegsvertriebenen mit Resettlement-Programmen in die Schweiz zu bringen. Wirtschaftsmigranten, die die Gunst der Stunde nutzten, um via Ukraine in den Sozialstaat ihrer Wahl einzuwandern, seien an der Grenze zurückzuweisen.
Bei den Kriegsvertriebenen aus der Ukraine handle es sich in erster Linie um Frauen und Kinder, schrieb die SVP am Freitag in einer Mitteilung. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe für alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren eine Ausreisesperre angeordnet – sie müssten bleiben und ihr Land verteidigen.
Die vom Krieg vertriebenen Frauen und Kinder suchen daher aus Sicht der SVP nur vorübergehend Schutz, vor allem in den Nachbarländern Polen, Ungarn, Slowakei, Moldau und Rumänien. Deshalb müsse nun sofort und unbürokratisch Hilfe vor Ort im Zentrum stehen, wurde SVP-Nationalrat Gregor Rutz (ZH) in der Mitteilung zitiert.
Finanzielle Hilfe für Nachbarstaaten
Die SVP fordert den Bundesrat dazu auf, die Schweizer Botschaften in Polen, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Moldau umgehend mit DEZA-Vertretern zu verstärken. Vor Ort solle ein «Cash for Shelter»-Programm initiiert werden, um Haushaltungen zu finden, die den Vertriebenen gegen Bezahlung durch die Schweiz temporäre Aufnahme gewährten.
Der Bundesrat solle den Haupt-Aufnahmeländern unverzüglich grosszügig finanzielle Hilfe und Hilfsgüter für die Unterbringung und Versorgung der Kriegsvertriebenen aus der Ukraine zukommen zu lassen, forderte die SVP weiter. Hilfe vor Ort müsse Priorität haben – nicht die Verteilung von Vertriebenen von Portugal bis nach Schweden.

Wenn es unumgänglich sei, einige Gruppen über den Schutzstatus S temporär aufzunehmen, sollten sie nicht auf die Kantone zu verteilt werden, sondern zentral untergebracht und nicht mit jungen Wirtschaftsmigranten aus andern Länder «vermischt» werden.
Dafür sind aus Sicht der SVP geeignete Gemeinden zu finden, die über genügend Raum verfügen, um grosse Gruppen vorübergehend aufzunehmen. Um den nötigen freien Platz zu schaffen für Kriegsvertriebene aus der Ukraine, seien die 46'000 in der Schweiz vorläufig Aufgenommenen zu überprüfen. Sei eine Rückführung in ihr Heimatland zumutbar, sei diese umgehend zu vollziehen.
Gemäss Medienberichten würden auch in Belarus gestrandete Wirtschaftsmigranten die Gunst der Stunde, um über die Ukraine in die EU zu gelangen, schrieb die SVP. Sie sollten an der Grenze zurückgewiesen werden.
SDA/red
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