Kolumne StadtverbessererWo die Suchmaschine nicht hinkommt
Der Stadtverbesserer sieht auch Vorteile im Landleben. Zum Beispiel gibt es Gemeinden im Umland, die praktisch nicht zu googeln sind und damit perfekt für ein ungestörtes Leben.

Kürzlich wurden an dieser Stelle die Freuden und Leiden des Allerweltnamens beleuchtet. Als Michael Graf Getaufter bleibt nichts an einem haften, weder Schande noch Ruhm. Wie ein Kollege daraufhin bemerkte, gibt es ein ähnliches Phänomen aber auch für Ortschaften.
So liegt im Gebiet, über das er schreibt, die Gemeinde Dorf. «Es ist dort praktisch unmöglich, über Google etwas herauszufinden», beklagte er sich. «Denn suche ich nach ‹Dorf›, werden mir Treffer aller möglichen Dörfer angezeigt.» Die einzige Möglichkeit, sicher zu sein, dass das Dorf Dorf gemeint ist, ist,über die Website der Gemeinde zu gehen. Das Dorf Dorf? Die deutschen Politsatiriker der Partei Die Partei haben diese Verdoppelung zu ihrem Markenzeichen gemacht. Bei der Gemeinde im Weinland kommen weitere grammatikalische Tücken dazu. Schreibt der Kollege über «die Hauptstrasse in Dorf», wittert bestimmt ein eifriger Korrektor einen Fehler und korrigiert zu «im Dorf».
Zu viel Beifang im Netz
Die Kollegen im Unterland kämpfen mit ähnlich generischen Ortsnamen. «Wir sollten ein Computerprogramm testen, das automatisch alle Neuigkeiten zu unseren Gemeinden im Internet zusammensucht», erzählte einer. «Blöderweise haben unsere Gemeinden Namen wie Winkel oder Buchs.» Da finden sich (pardon) in jedem Winkel des Internets Treffer und machen die Suchergebnisse unbrauchbar. Ganz nebenbei wurde auch der Beweis erbracht, dass der Genitiv noch nicht ausgestorben ist, zumindest nicht der des Buchs.
«Ihr habt gut reden», sagt der Bekannte aus Nordrhein-Westfalen. «Habt ihr schon einmal versucht, in der Stadt Essen Essen zu bestellen?»
Im Gegensatz zum automatisierten Matchbericht der lokalen Mannschaft ist der Roboter-Lokaljournalismus aus Gründen wie den genannten noch nicht allzu weit gekommen. Beruhigend zu hören, für alle Lokal-Schreiberlinge. Aber wenn sie dann doch eines Tages ausgemustert werden, können sie sich in Dorf oder einem anderen ruhigen Winkel zur Ruhe setzen und ungestört ein Buch (am Irchel) lesen.
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