Start-up aus WinterthurWo KMU zu Kapital kommen
Das Winterthurer Start-up Swisspeers AG vermittelt Geldgeber an KMU, die einen Kredit brauchen. Kürzlich hat das Unternehmen aber selbst eine Bank als Investorin für sich gewinnen können.

Wer sein Geschäft ausbauen und vorantreiben möchte, braucht Geld. Geld, das viele KMU nicht flüssig haben. Bei den Banken stehen diese Firmen oft lange an, weil sie im Vergleich zum restlichen Bankgeschäft nur kleine Summen brauchen. Und manche fallen aufgrund der Risikobewertung ganz durch. Das Winterthurer Start-up Swisspeers hat diese Lücke vor einigen Jahren geschlossen. Seine Plattform vermittelt private Investoren an KMU, die Geld brauchen – ganz ohne Bank.
Unter den KMU auf der Swisspeers-Plattform finden sich Velohändler, Kinderkrippen oder Handwerksbetriebe. Die Kredite setzen die Firmen zum Beispiel für die Geschäftsübernahme, ein erweitertes Lager oder den Aufbau einer neuen Infrastruktur ein. «Viele Leute möchten wissen, wohin sie ihr Geld investieren und wie es eingesetzt wird», sagt Alwin Meyer, einer der drei Gründer von Swisspeers. «Das ist bei uns ganz einfach.» Denn jede Investorin und jeder Investor kann die KMU, die mit dem Geld wirtschaften, persönlich kennen lernen. Die Software von Swisspeers nimmt die Kreditanträge genau unter die Lupe und macht eine automatisierte Risikobewertung. Fällt diese positiv aus, besuchen Vertreter des Unternehmens die KMU persönlich. Erst dann kommt ein Finanzierungsantrag auf die Plattform. «Viele unserer Investoren kommen zunächst zu uns, weil sie ein Projekt oder eine Firma sympathisch finden und diese unterstützen möchten», sagt Meyer. Danach würden die meisten bleiben und schliesslich breit gestreut investieren.
Meyer kennt das Bankengeschäft für KMU seit langem. Vor der Gründung von Swisspeers entwickelte und implementierte er Bankensoftware für Risikobewertung. «Dort sahen wir, dass die KMU im klassischen Bankengeschäft zunehmend an Bedeutung verlieren.» Im Ausland verfolgte er die Entstehung von sogenannten Crowd-Lending-Plattformen, bei denen Privatpersonen Kredite vergeben. Schliesslich entstand so die Schweizer Lösung von Swisspeers.
Auftrieb für das Geschäftsmodell
Nachdem Swisspeers seit dem Marktstart Mitte 2016 rund 95 Millionen Franken an KMU vermittelt hatte, war das Finanztechnologie-Unternehmen selbst auf der Suche nach Investoren – und wurde fündig: Im Dezember wurde bekannt, dass sich die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) als strategische Investorin an Swisspeers beteiligt. «Dank dieser Partnerschaft können wir unsere Plattform schnell weiterentwickeln», sagt Meyer. Ausserdem gebe es dem relativ neuen Geschäftsmodell von Swisspeers Auftrieb, weil mit der BLKB eine etablierte Partnerin aus der Finanzbranche an das Start-up glaube.
Doch warum investiert ausgerechnet eine Bank in ein Unternehmen, das Kreditgebende an KMU vermittelt, die bei den Banken nicht zum Ziel kommen? «Die KMU sind für die BKLB ein wichtiges Kundensegment», sagt Meyer. «Sie möchte den Unternehmen Zugang zu umfassenden Finanzierungslösungen während des ganzen Lebenszyklus ermöglichen.» Darum beteilige sich die Bank an einer Plattform wie Swisspeers.
Boom und Nöte in Corona-Zeiten
Die Corona-Pandemie der letzten zwei Jahre war für viele KMU eine Herausforderung. «Als die Corona-Kredite vom Staat kamen, da war bei uns Stillstand», erzählt Meyer. Swisspeers kam den KMU, die direkt von den Ladenschliessungen betroffen waren, entgegen. Sie durften die Rückzahlungen an die Geldgeber sistieren und mussten nur noch die Zinsen zahlen. Aber das habe sich bald wieder geändert. Bereits im Sommer 2020 hätten alle wieder mit den Rückzahlungen begonnen.
Es hätten jedoch beide Seiten Geld gebraucht: die Firmen, die unter den Corona-Massnahmen litten, und jene, die einen Boom erlebten. «Denn ein plötzlicher Aufschwung, wie ihn zum Beispiel die Velohändler erlebten, braucht Material oder Räume, die erst mal finanziert werden müssen», sagt Meyer. «Wir haben in den letzten zwei Jahren vor allem erlebt, wie zäh die Schweizer KMU sind.» Die Unternehmerinnen und Unternehmer würden alles für ihre Firmen tun und durchbeissen, solange es gehe. «Aufgeben ist für sie keine Option.» Und so wurden bisher auch nur vereinzelte Kreditnehmer von Swisspeers von der Pandemie in die Knie gezwungen.
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