Ärger um britische QuarantänepflichtWütende Briten drängen zurück auf die Insel
Wer aus Frankreich anreist, muss in Grossbritannien in eine 14-tägige Quarantäne. Tausende britische Touristen brechen darum ihre Ferien ab. Und Paris droht London mit Vergeltung.

Britische Touristen in Frankreich reagierten heute mit panischen Rückreiseaktionen, nachdem die Regierung in London beschlossen hat, für Frankreich-Reisende erneut eine 14-tägige Quarantäne im Vereinigten Königreich anzuordnen. Da die in der Nacht auf Freitag verkündete Massnahme bereits am Samstagmorgen um 4 Uhr in Kraft tritt, versuchten Zehntausende britischer Urlauber in Frankreich noch in letzter Minute einen Flug, einen Zug oder eine Fähre heim auf die Insel zu erreichen.
Eurotunnel und Kanalfähren signalisierten jedoch schon am Freitagmorgen, dass sie praktisch ausgebucht waren. Nur die wenigsten der rund 400’000 Briten, die sich zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der neuen Quarantänemassnahme mit dem Wagen in Frankreich aufhielten, konnten sich so eine rechtzeitige Rückkehr erhoffen. Letzte Plätze im Eurostar von Paris nach London für den Freitag waren ebenfalls knapp und kosteten bis zu 300 Euro. Eilends buchende Fluggäste mussten bis zu 600 Euro bezahlen für einen einfachen Flug.
Arbeitsausfall ohne Lohngarantie
Die meisten britischen Touristen mussten sich allerdings darauf einstellen, zwei volle Wochen nach der Heimkehr in strenger Selbstisolation verbringen zu müssen. Vielen Heimkehrern droht ein 14-tägiger Arbeitsausfall ohne Garantie auf Lohn. Und Schüler müssen sich auf einen verspäteten Wiedereinstieg in den Unterricht einstellen. Fast eine halbe Million weiterer Briten sieht sich zudem nun gezwungen, für den Rest des Sommers gebuchte Reisen nach Frankreich wieder zu stornieren oder auf unbestimmte Zeit zu verschieben.
«Wir müssen da auch mit unseren engsten und besten Freunden und Partnern absolut rücksichtslos sein.»
Zornig reagierten viele der auf dem Kontinent «Gestrandeten» auf die kurzfristige Ankündigung der neuen Massnahme durch die britische Regierung. Manche der Betroffenen ergaben sich hingegen in ihr Schicksal und beschlossen, die Ferien erst einmal fortzusetzen. Britischen Reportern sagten einige der Touristen, sie hätten «ja gewusst», welches Risiko sie mit ihrem Frankreich-Trip eingingen.
In Schwierigkeiten fanden sich zugleich in Grossbritannien befindliche Reisende aus dem Rest Europas, da die französische Regierung ankündigte, sie werde umgekehrt eine Quarantänepflicht für Reisende aus dem Vereinigten Königreich einführen. Einen genauen Zeitpunkt für diese Massnahme hat Paris aber noch nicht genannt.
Weitere Risikoländer
Ihre Entscheidung traf die britische Regierung nach mehrtägigem Zögern, unter dem Eindruck der rasch wachsenden Ansteckungszahlen in Frankreich. «Wir müssen da», hatte Premierminister Boris Johnson am Donnerstag gewarnt, «auch mit unseren engsten und besten Freunden und Partnern absolut rücksichtslos sein.» Wie jedermann wisse, könne die britische Regierung «nicht zulassen, dass unsere Bevölkerung erneut angesteckt wird», sagte Johnson. «Wir dürfen die Seuche nicht zurückkommen lassen zu uns.»
Ausser Frankreich zählen für London von diesem Wochenende an auch die Niederlande, Malta und Monaco zu den Risikoländern. Von Reisenden aus Spanien und Belgien wird schon länger eine Quarantäne bei der Rückkehr nach Grossbritannien verlangt.
Im Land selbst wird unterdessen weiter gelockert, was den Lockdown betrifft. Von Samstag an dürfen Theater, Konzertsäle, Bowling-Hallen, Kasinos und Schönheitssalons erstmals wieder öffnen. Premier Johnson sagte, dass seine Landsleute «wieder zu mehr Dingen zurückkehren können, die sie vermisst haben».
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